Colex 1200

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Colex 1200

Der Colex 1200 ist ein 12-stelliger anzeigender Tischrechner mit einem Display aus Nixie-Röhren. Mein Exemplar ist vermutlich von 1973; verkauft wurde das Modell schon seit etwa Mitte 1972.

Bei diesem Rechner handelt es sich um einen sehr frühes Modell der in Hongkong ansässigen Firma Colex, möglicherweise um das erste überhaupt – mir ist aus dem Internet kein noch älteres oder einfacheres Modell bekannt. Leider ist das Typenschild mit dem Herstellungsland bei meinem Exemplar verloren gegangen, aber der Rechner stammt eindeutig vom japanischen Hersteller TEAL. Bis auf einige Details entspricht er dem 1971 erschienenen TEAL abc 800.

Sowohl technisch als auch im Funktionsumfang handelt es sich beim Colex 1200 um einen Rechner, der schon 1971 nicht mehr ganz auf dem Stand der Zeit gewesen wäre. Dass Colex mit einem solchen Rechner an den Markt gegangen ist, kann eigentlich nur bedeuten, dass man bemüht war, auf dem Gebiet des Verkaufspreises zu trumpfen. In einer Anzeige der amerikanischen Kaufhauskette Levy's wurde der Colex 1200 im September 1972 für $129 angeboten – das war damals für einen zwölfstelligen Rechner tatsächlich nicht viel. In der gleichen Anzeige wurde ein im gleichen Gehäuse sitzendes Modell mit Speicher, der „Colex Memory Calculator“ (wahrscheinlich der Colex 1215), für $199 angeboten und ein achtstelliger Busicom-Taschenrechner für $190.

Der Funktionsumfang des Colex 1200 ist auf das Allernotwendigste begrenzt; es gibt keinen Speicher, keine Konstante und keinen Fließkommamodus. Führende Nullen werden nicht unterdrückt. Der Eingabemodus ist der einer Addiermaschine; die [=]-Taste müsste deshalb eigentlich mit [+=] beschriftet sein und die [−]-Taste mit [−=].

Die Kommapositionen werden über einen charakteristischen Drehschalter eingestellt, aber die Größe dieses Bauteils täuscht darüber hinweg, dass nur die Postionen 0, 2, 3 und 4 zur Verfügung stehen. Das ist eine erhebliche Einschränkungen für alle Rechnungen, die über das Kaufmännische hinausgehen. Sowohl bei der Division als auch bei der Multiplikation gibt es die Einschränkung, dass die höchste Stelle nicht verwendet werden darf. Interessanterweise ist die Einschränkung bei der Multiplikation beim technisch eng verwandten Royal 120 entfallen, was ein Indiz dafür ist, dass der dem Colex 1200 zugrunde liegende abc 800 der erste Versuch von TEAL war, einen Tischrechner zu konstruieren.

Eine richtige Fehleranzeige gibt es nicht; es werden zwölf Nullen angezeigt, und der Rechner reagiert nur noch auf die [C]-Taste. Bei einer Division durch null leuchtet außerdem das Komma ganz rechts (auch wenn eine andere Kommaposition eingestellt ist), und bei einem Überlauf leuchten die rechten sechs Dezimalkommas (siehe Bild). Interessanterweise werden das zweite und sechste Komma von rechts im Normalbetrieb gar nicht benötigt, da ja nur vier feste Kommapositionen zur Verfügung stehen!

Die zweipolige Anschlussbuchse für das Netzkabel entspricht keiner mir bekannten Norm; er ähnelt einem Kleingerätestecker, ist aber eckiger. Der an diesem Kabel hängende Netzstecker deutet darauf hin, dass mein Rechner ursprünglich in Österreich verkauft worden ist, denn er trägt ein Prüfzeichen der ÖVE, aber keines der VDE.

Bei meinem Exemplar fehlt nicht nur das Typenschild, sondern auch das Colex-Schild auf der Oberseite, aber zum Glück ist die mit Colex beschriftete Abdeckung erhalten geblieben und sogar noch in einem recht guten Zustand.

Innenleben

Das Gehäuse wird von vier Schrauben zusammengehalten. Weil Tastatur und Netzteilplatine an der Oberschale befestigt sind, verhindern drei Kabelstränge das vollständige Trennen der Gehäusehälften. Am besten geht es, wenn man die Spannungsversorgung der Platinen aussteckt und den Oberteil links neben den Unterteil legt. Anders als in zeitgleich von TEAL gebauten Rechnern (z.B. dem erwähnten Royal 120) gibt es im Colex 1200 keinen Stecker zwischen Netzkabelbuchse und Netzteil. Möglicherweise ist die Buchse nur im Gehäuseboden eingeklemmt, aber bei meinem Exemplar sitzt sie sehr fest, und um nichts zu beschädigen, habe ich darauf verzichtet, sie zu lösen.

Das Tastaturkabel ist über einen breiten Platinenstecker verbunden und lässt sich ohne größere Probleme abstecken. Es gibt keinen Schutz gegen Verpolen, also beim Zusammenbau darauf achten, dass die Schrift auf dem Stecker oben ist! Auch der vom Netzteil zu den Platinen führende Stecker kann verkehrt herum aufgesetzt werden, aber die richtige Position ergibt sich aus einigen ungenutzten Kontakten.

Der Rechner enthält zwei Platinen, die Hauptplatine (Nr. 12T-24), die den größten Teil des Gehäusebodens bedeckt, und die etwa halb so große Displayplatine (Nr. 12T-34). Elektrisch sind sie über einen Platinenstecker verbunden. Die Elektronik besteht aus zahlreichen kleineren ICs und diskreten Dioden (Diode-Transistor-Logik).

Der Colex 1200 enthält folgende ICs:

Typ Hauptplatine Displayplatine Gesamt
µPD10A 2 1 3
µPD11A 1 - 1
µPD13C 7 2 9
µPD16A - 1 1
µPD101C 3 - 3
µPD107C 1 - 1
µPD112C 1 - 1
M5811 2 - 2
M5812 1 2 3
Gesamt: 18 6 24


Aus dem Datum der jüngsten ICs, der beiden M5811, ergibt sich für mein Exemplar das Baujahr 1973. Alle anderen ICs, soweit ich es erkennen kann, sind mindestens ein Jahr älter. Die drei µPD10A und der µPD16A haben sogar noch runde Metallgehäuse. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die beiden 73er-ICs nachträglich im Rahmen einer Reparatur eingebaut worden sind. Alles in allem wirkt der Rechner, als hätte TEAL im Lager zurückgebliebene Altteile verwendet, um für Colex einen möglich günstigen Rechner bauen zu können, und M5811 waren vielleicht keine mehr übrig...

Unterschiede zum TEAL abc 800

Wie bereits erwähnt, entspricht der Colex 1200 weitgehend dem mindestens ein Jahr früher entstandenen TEAL abc 800. Äußerlich kann man die Rechner an der Gehäuseoberschale unterscheiden, während die Unterschalen praktisch identisch sind. Dem Colex fehlt der Schieber für die Tausenderkommas, der sich nicht nur am abc 800 findet, sondern auch am Royal 120 und dessen Verwandten.

Die Tastaturen beider Rechner sind gleich, auch in der Farbgebung, allerdings gibt es einen interessanten Unterschied beim Drehschalter für die Kommastellen: Beim abc 800 befindet sich das Anzeigefenster für die eingestellte Kommaposition oberhalb des Schalters, beim Colex 1200 darunter. Dieser Unterschied, der sich entsprechend auch bei anderen TEAL- und Colex-Modellen findet, ist nicht ganz trivial, denn hätte man einfach nur das gleiche Bauteil um 180° gedreht eingebaut, würden die Zahlen auf dem Kopf stehen. Die Colex-Lösung ist allerdings die bessere, denn beim TEAL behindert der Schalter den Blick auf das Anzeigefenster.

Im Inneren muss man nach Unterschieden schon etwas länger suchen, denn auf den ersten Blick sind die Platinen gleich, abgesehen davon, dass sie im abc 800 grün sind (zumindest beim unten verlinkten Exemplar von Brent Hilpert) und in meinem Colex 1200 beige. Eine genauere Untersuchung zeigt, dass sich die Platinennummern trotzdem unterscheiden: Beim abc 800 lauten sie 12T-21 und 12T-31, beim Colex 1200 12T-24 und 12T-34. Das Layout beider Varianten scheint identisch zu sein, allerdings gibt es auf der Hauptplatine einen Unterschied in der Bestückung: Im abc 800 befinden sich am linken Rand zwei ICs vom Typ Mitsubishi M5823, während im Colex 1200 an dieser Stelle nur ein NEC µPD107C sitzt und der zweite Platz leer geblieben ist. In beiden Fällen handelt es sich um Schieberegister, und der NEC-Baustein kann anscheinend die beiden Mitsubishi-Bausteine ersetzen. Übrigens sitzt auch im Royal 120 ein µPD107C.

Ähnliche Rechner

Es gibt einige weitere Modelle von TEAL, Colex und anderen Anbietern, die im wesentlichen im gleichen Gehäuse sitzen wie der Colex 1200 und der abc 800.

Der Accurate 100 scheint dem abc 800 zu entsprechen und sitzt, anders als der Colex 1200, auch in dessen Gehäuse mit dem Kommaschieber an der Anzeige. Den geringen Funktionsumfang des Colex 1200 und des abc 800 hat auch ein weiteres Colex-Modell, das sich nur in der grünen VF-Anzeige vom Colex 1200 zu unterscheiden scheint (wobei innere Unterschiede aber wahrscheinlich sind). Es ist nicht sicher, wie dieses Modell heißt, aber wahrscheinlich ist es der Colex 1200 L (Bild siehe unten).

Einen größeren Funktionsumfang mit Speicher und Konstante haben die äußerlich weitgehend identischen Modelle TEAL TL-2M, TEAL 121 D und TEAL abc 850. Sie basieren auf den sechs Mitsubishi-ICs MA8149 bis MA8154. Der 121 D hat als einziger der drei ein VF-Display.

OEM-Versionen dieser Rechner sind eine zweite Version des Accurate 100 mit weißem Gehäuse und der Accurate 200, der ein schwarzes Gehäuse hat. Worin die Unterschiede zur weißen Version bestehen, ist unklar; beide Modelle haben die gleiche Tastatur wie die zugrunde liegenden TEAL-Modelle. Über die ICs liegen mir nur für den weißen Accurate 100 Angaben vor; dieses Modell entspricht wohl weitgehend dem TEAL 121 D.

Etwas rätselhaft ist ein Modell der Riccar Sewing Machine Co., also eines Nähmaschinenherstellers. Laut calcuseum.org sind zwei Versionen bekannt, die anscheinend keine Modellbezeichnung haben und möglicherweise die einzigen Rechnermodelle dieses Herstellers sind. Äußerlich und auch in der Tastatur entspricht der Riccar-Rechner den im letzten Absatz beschriebenen Modellen, allerdings ist er elektronisch eher mit dem Colex 1200 und dem abc 800 vergleichbar, denn er basiert noch auf zahlreichen gering integrierten ICs (Link siehe unten).

Einen ähnlichen Funktionsumfang mit Speicher hat auch der Colex 1215, doch er hat eine Taste mehr und vermutlich auch eine andere Elektronik. Es ist denkbar, dass dieses Modell bereits von Colex hergestellt worden ist und nicht von TEAL.

Galerie

Eigenes Exemplar

  • Inv.-Nr. 497, Baujahr 1973, Zustand: funktionsfähig, Typenschild mit Seriennummer und Colex-Schild fehlen

externe Links